Fränkische Nachrichten, Tauberbischofsheim vom 17.11.1999:
1,7 Millionen Mark. Eine stolze Summe.
Viel Geld, weit mehr jedenfalls als der größte Pessimist erwartet hatte
— oder zumindest
als sich die Bücher im Vorfeld eingestehen wollten.
Und so traf die Zahl die Besucher der
Gemeinderatssitzung wie ein
Keulenschlag, wirkte wie eine kalte Dusche.
Kalte Dusche
Wer einen emotionsgeladenen
Kampf der Bücher um ,,ihr“ Freibad erwartet hatte, sah sich getäuscht.
Die Ernüchterung war wohl zu groß. Nur zögerlich
wurden Fragen an die Experten gestellt. In den
Köpfen rotierten wohl schon die grauen
Zellen, um Wege zu finden, wie dieser finanzielle Kraftakt zu bewerkstelligen ist.
Bei der Sanierung geht es nicht mehr um
ein paar 100 000 Mark. Rund eine Million
muss die Gemeinde aus Eigenmitteln finanzieren. Kein Pappenstiel. Soviel dürfte
nicht einmal der sehr ertragreiche Ahornwald hergeben. Um eine Kreditaufnahme
wird man, sollte der Gemeinderat grünes
Licht für die Sanierung geben, sicherlich
nicht herumkommen. Dies bedeutet, dass
zu den jährlichen Betriebskosten noch die
Tilgung des Darlehens kommt. Bei einer
Laufzeit von 20 Jahren dürfte sich diese
Summe auf rund 100 000 Mark per anno
belaufen.
Die Herzensangelegenheit Freibad Buch
kann deshalb von den Bürgervertretern nur
noch als reines Rechenexempel betrachtet
werden. Ob die Gleichung letztendlich aufgeht, ist fraglich. Obgleich die 1,7 Millionen
Mark allein schon Zweifel an der Realsierbarkeit der Maßnahme aufwerfen, machen
zwei Unbekannte eine vernünftige Kalkulation nahezu unmöglich.
Zum einen ist dies die unbeantwortete
Frage nach den Zuschüssen. Höchstens
30 Prozent der Gesamtkosten kann man
hier erwarten. Dies ist nicht viel, aber ohne
die Finanzspritze aus dem Ausgleichsstock, dürfte die Operation Freibad Buch
zu teuer sein und deshalb im Vorfeld abgeblasen werden.
Die zweite, größere Unbekannte sind die
Eigenleistungen. Schätzungsweise rund
700 000 Mark könnten dadurch eingespart
werden. Eine Menge ,,Holz“. Doch dieses
Geld fällt Ahorn nicht in den Schoß, hierfür
muss hart gearbeitet werden. Der erforderliche Aufwand ist mit dem Bau eines
großen Sport- oder Vereinsheims vergleichbar. Unzählige Stunden an Freizeit,
entweder nach Feierabend oder an Wochenenden, müssten in erster Linie die
Mitglieder des Fördervereins opfern.
Hier gilt es nun, das Feld zu sondieren.
Es wird abzuklären sein, ob überhaupt die
Bereitschaft vorhanden ist, ein solch
schwieriges Unterfangen anzugehen. Viele
der Mitglieder des Fördervereins sind auch
in anderen Vereinen aktiv. Sie müssen sich
überlegen, ob sie von ihrer kostbaren Zeit
eine gehörige Portion abzwacken können,
um im Freibad unentgeltlich anzupacken.
Erst, wenn aus beiden Unbekannten veritable Größen geworden sind,
können Gemeinderat und Verwaltung das Abenteuer
Sanierung Freibad Buch in Angriff nehmen.
Und selbst dann sitzen sie noch in einer
Zwickmühle. Die Einrichtung ist selbst bei
günstigsten, finanziellen Vorzeichen ein
teurer Spaß und wird immer ein Zuschussgeschäft bleiben.
Harald Fingerhut